Persiflage

Stadtgespräch (Teil I)

von Frank Phil Martin

Irgendwo auf einem Wochenmarkt in Berlin …

„Hallo Herr Kasupke, ick hab` Sie ja schon lange nicht mehr jeseh`n, warn`se och inne Versenkung?“

Herr Kasupke drehte sich verwundert um, stellte sich breitbeinig hin, stemmte eine Hand in die Hüfte, nahm mit der anderen seine Zigarre aus dem Mund und sagte:
„Ach, tach Herr Schulze, ja, ick war inne häusliche Quarantäne, man sollte ja inne Bude bleiben, hörst ja nüscht andret mehr inne Glotze – wirst ja völlich meschugge bei det janze Corona-Jedöhns.“

Herr Schulze grinste verschmitzt und antwortete:
„Ick hät Sie beinah janich erkannt, bei die ville Haare uf`m Kopp.“

„Da sagnse wat, meene Else wollt` mir ja an die Mähne jehn, aber ick hab mir standhaft jeweigert, wer wees wie ick danach aussehe, ick wart lieber bis die Glatzentischler wieder uff hahm.“

Herr Schulze sagte lachend:
„Ja, und wenn se alle nächste Woche mit ne` Maske vor`m Jesicht rum rennen, denn erkennt man ja keen mehr.“

„Na ick wees ja och nich, wie soll ick da meene Zijarre rauchen, muss mir wohl `nen Schlitz inne Binde machen.“, sagte Herr Kasupke, nahm demonstrativ einen kräftigen Zug und nebelte die Umgebung mit dickem Rauch ein.

„Na wense mal kieken, die renn` ja jetzt schon alle mit ne Klappe vor´de Gosche rum.“ , schob Herr Kasupke nach.

„Aber sag`n se Mal, täuscht det, oder is Ihre Silhouette schmaler jewordn?“, fragte Herr Schulze.

„Na, ick kann ja nich mal mehr ne Pilsette zischen jehn, allet hat zu, und zuhause zählt Else meine Pullen ab, und an nen “kleenen kurzen“ is schon janich zu denken. Nich mal mehr Skat kloppen kann man, is allet verboten, weg`n die Mutti aus de Rejierung.“

Herr Schulze zwirbelte sich nachdenklich den Schnauzbart und sagte:
„Na meense nich, dat det nur zu unsrem Schutz is, weg`n die Killerkeime mein ick?“

Na, jetz will ich Ihnen mal wat flüstern, mein jutster, ick globe die ham sich da verrannt und jetzt wissen se nich mer wie se da wieder rauskommen aus de Misere. Also ick bin ja keen Akadämiker, hab mein Leben lang mit de Hände jewerkelt, aber die Eierköppe da oben, die hamse doch nich mehr alle.“

Herr Schulze kratzte sich am Hinterkopf, rückte seine Brille zurecht und erwiderte:
Aber gloobnse nich, dat die wissen wat se da machen, die woll`n doch nich, dat die Krankenhäuser jerammelt voll werd`n, also ick hab Muffnsausen, wen ick an die janzen Toten denke.“

Herr Kasupke trat einen Schritt näher heran, was Herrn Schulze veranlasste, vor Schreck ebenfalls einen kleinen Schritt zurückzutreten.

„Jetz Mal unter uns Jebetsbrüdern, dit is doch Mumpitz, da ob`n sitzen doch nur Flitzpiepen, die janzen Fisimatenten die se jetz jemacht haben sind doch völlich überkandidelt. Seense mal, die janze Wirtschaft kommt doch inne Bredullje und ick meene jetz nich meene Kneipe.“

Herr Kasupke lachte und hielt sich den Bauch. Herr Schulze verzog das Gesicht zu einer Mischung aus Grinsen und Verlegenheit und wollte wissen:
Jetz sagnse bloos Sie haben keen Bamel vor den Killervirus?“

„Ach wat – pille palle! Ick vaklicka ihn mal wat – dit habig aus`m Internet – die jequirlte Soße von die öffentlich-rechtlichen kannste ja nich mehr ankieken, die janze Sache is uffjebläht, die hamsich von die Blubberköppe von Virologen einrühr`n lassen.“

„Mensch Herr Kasupke, so kenn ick Sie ja janich, Sie sind ja richtich uff Brast!“

„Ja, und ich sach Ihnen noch wat: Demnächst kriste noch ne Ogenklappe, da mitte nich mitkrist wat im Land allet sonst noch passiert – jetz sagn die Sesselfurza, wir müssen uns alle impfen lassen, damit wieder Normalität einkehrt, wär`s gloobt wird seelich – also ick lass mir die Pampe nich rinballan, und überwachen tun se uns och schon, wie damals inne Zone - ick hab soone Krawatte!“

Herr Kasupke deutete mit seiner hohlen Hand vor seinen Hals.
„Also ick muss schon sajen, Sie sind jans schön informiert Herr Kasupke.“

„Ick bin ja keener von den Einfaltspinseln, aber eins und eins zusammenzählen, dit kann ich noch – gloob`n se mir, ick bin ooch froh wenn dit janze Zinnober vorbei is, solange muss ick halt noch die Pullabrause von Aldi picheln.“

Herr Schulze kratzte sich erneut am Kopf und sagte:
„Also Herr Kasupke, jetzt hamse mich aber nachdenklich jestimmt, ick gloob da muss ick och mehr uff Draht sein.“

„Dit freut ma, dat ick Ihnen dat verklickern konnte – dit müssen noch viel mehr schnallen, also imma den Kopp hoch, ooch wenn der hals dreckich is – und sagnse dit weiter, sonst is irjendwann zappendusta.“

„Dit mach ick, könnse glob`n – also nüscht für Unjut –Tschüss Herr Kasupke.“

„Allet paletti – Tschüss Herr Schulze.“

Beide Herren verabschieden sich demonstrativ per Handschlag, und gehen ihrer Wege …


© All rights reserved 26.4.2020 (Vervielfältigung unter Angabe des Autors und der Quelle für private Zwecke erlaubt)

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